Familie Koczan im Gutshaus Bukówko
Auf Gut Bukówko hat Familie Koczan einen neuen Lebensweg eingeschlagenText von Annika Kiehn, September 2020
Fotos von Jan Rusek
Zofia Koczan and Ihr Ehemann kamen in den 80er Jahren als Lehrer nach Bukówko. Seit mehr als 20 Jahren betreiben sie das Gutshaus als Erholungsort für Reisende. Vielleicht war es Schicksal, dass ihr Lehrerdasein sie auf die Herausforderung vorbereitet hat, langfristig Gastgeber zu sein und nebenher auf eigene Faust immer weiter das Gutshaus zu restaurieren. Mit Ausdauer und Zuversicht haben sie inzwischen einen langen Weg zurückgelegt und schaffen es dabei, dass sich jeder Gast fühlen darf, als sei er der Einzige.
Vom Lehrer zum Raumpionier
Seit nunmehr 20 Jahren führen Zofia Koczan und ihr Mann Zdzisław Gutshaus in Bukówko, in der Parseta-Region Polens. Dort heißen sie vor allem Paddler willkommen, die auf ihrer langen Reise froh sind, wenn sie bei Zofia und ihrem Mann herzliche Gastgeber finden, die sie obendrein mit gutem Essen versorgen.
Gutshaus in Bukówko, in der Parseta-Region Polens
Seit nunmehr 20 Jahren führen Zofia Koczan und ihr Mann Zdzisław Gutshaus in Bukówko, in der Parseta-Region Polens. Dort heißen sie vor allem Paddler willkommen, die auf ihrer langen Reise froh sind, wenn sie bei Zofia und ihrem Mann herzliche Gastgeber finden, die sie obendrein mit gutem Essen versorgen.
Seit dem Jahr 2000 hat das Ehepaar Koczan es geschafft, dank harter Arbeit und Durchhaltevermögen, das kleine klassizistische Gutshaus zu einem Ort werden zu lassen, an dem sich seither viele Menschen sehr wohlgefühlt haben – so auch wir, das Team von South Baltic Manors, das sich dort im Frühjahr 2019 ein paar Tage in Projektarbeit vertiefen durfte.
Die meisten Menschen, die ein Gutshaus gekauft und selbst restauriert haben, würden vermutlich mit „Nein“ auf die Frage antworten, ob sie die Entscheidung bereut haben. Doch nach einer kleinen Pause käme vielleicht ein: „Aber ich würde es vermutlich nicht nochmal machen“, hinzu. Zofia Koczan lächelt, während sie über die vielen nervenaufreibenden Momente nachdenkt, in denen sie und ihr Mann an der Restaurierung ihres Gutshauses in Bukówko zu verzweifeln drohten, sei es, als die das Dach renovierten, die Fenster erneuerten oder die Fassade erneuerten. „Ich erinnere mich, dass wir uns öfter ansahen und dachten: Was zum Teufen machen wir hier bloß?“ Haben sie sich etwa doch etwas übernommen, als sie das 1700 Quadratmeter große Gutshaus kauften, an den kurioserweise niemand anderes als sie Interesse hatten?
Ein nun selbstsicheres Lächeln zeugt davon, dass sämtliche Zweifel längst vergessen sind und sie längst in ihre Rolle als Gutshausbesitzerin und Gastgeberin hineingewachsen ist. Vor mehr als 20 Jahren übernahmen sie den einstigen Familienbesitz derer von Heydebreck. Seit 1810 waren diese auf der 1489 Hektar großen Anlage tätig, bis zur Aufsiedlung 1939, als das Haus zur Gemeinde Parseta Basin River in Westpolen zugehörig wurde.
Verlassene Häuser und ungezähmte Natur haben sich seither zu einer wild romantischen Landschaft geformt, die seit 1988 das Zuhause von Zofia und ihrer Familie geworden ist, zu der drei Kinder zählen und inzwischen sogar ein paar Enkelkinder. Als wir uns abends um 20 Uhr in der Eingangshalle zusammenfinden, um zu reden, gibt sie ihr Bestes, sich auf unser Gespräch zu konzentrieren. Sie will sichergehen, dass es ihren Gästen gut geht, die aus Dänemark, Schweden, Litauen und Deutschland sowie anderen Teilen Polens angereist sind. Doch auch dieses Mal zeigt sich ihr professionelles Gemüt und ein Hauch von Multitasking-Mentalität, mit der sie meine Fragen ganz nebenher beantwortet. Als ehemalige Lehrerin kann sie gut auf mehrere Dinge gleichzeitig eingehen, wie ich merke. Dass sie jedoch einmal offiziell Gastgeberin werden würde, war nicht der Plan, wie sie mir erzählt.
Es war eine wunderbare Zeit
Dabei war der originäre Anlass, der sie und ihren Mann Zdzisław nach Bukówko führte, der Wunsch, mehr Platz zu haben. Angesichts der rund vier Meter hohen Wände und überdimensionalen Fenster gibt das Gutshaus genau jenen Freiraum, den man sich nur wünschen kann. Davor begnügte sich das Paar lange mit einem kleinen Haus in dem Ort Braniewo, in den Masuren. „Es war eh schon sehr eng für zwei Erwachsene und drei Kinder und als sich dann unser viertes Kind ankündigte, wurde es Zeit für eine Veränderung“, sagt sie. So fanden sie unter dem Dach des damaligen Schulhauses in Bukówko, an dem 120 Schüler unterrichtet wurden, genau das, was sie gesucht hatten. „Es war zwar so praktisch wie ein Schulgebäude, dennoch sagte jeder: Der Palast“, sagt sie.
Für Zofia gab es zwei gute Gründe, sich zu freuen: Erstens, sie hatten mehr Platz. Zweitens: Endlich hatten sie und ihr Mann ein wirkliches Zuhause gefunden, das genau zu ihren Bedürfnissen als Familie passte. Was so simpel klingt, war zu Kommunisten Zeiten ein Privileg. Nicht jeder konnte sich einfach eine neue Wohnung suchen, wenn es die Lage erforderte. Wohnraum wurde zugeteilt und nur Verheiratete hatten Anspruch auf eine gemeinsame Wohnung. Erst musste man den Autoritäten beweisen, dass man eine würdevolle Allianz war, um sich einen Warteplatz zu erhoffen. Für Zofia und ihrem Mann war Bukówko mehr, als was sie sich erhofft hatten – als Lehrer unter demselben Dach zu arbeiten und als Familie dort ebenso zu leben, gab ihnen alles, was sie brauchten. „Es war eine wunderbare Zeit“, sagt Zofia. Einzig das Geld war stets knapp.
Als sie einmal keine neuen Reifen für ihr Auto bezahlen konnten, galt es, sich neu auszurichten. „Zdzisław machte sich Gedanken, wie wir ein weiteres Einkommen erzielen könnten und als er unsere Kinder eines Tages mit ihrem Holzspielzeug beobachtete, kam er auf die Idee, Möbel zu fertigen.“ Und traf damit den Nerv der Zeit, denn nicht nur Wohnraum war Mangelware, alles war Mangelware. Anders als heutzutage, gab es keine Möbelgeschäfte, in denen man sich nach Belieben ein Modell aussuchen konnte. In Sachen Konsum gab es nur zwei Möglichkeiten: Jegliches Begehren zu unterdrücken, oder jemanden zu finden, der einem sein Begehren erfüllen könnte. Am Ende begnügten sich die Menschen oft mit dem DIY-Modus (Mach es selbst). So auch das Ehepaar Koczan.
1990, gerade mal zwei Jahre nachdem sie in Bukówko heimisch wurden, konnte Zdzisław seinen Lehrerjob an den Nagel hängen und sich komplett seiner Selbstständigkeit als Holzbauer widmen. „Die Menschen in der Umgebung mochten seinen Stil und waren froh, mit ihm jemanden vor Ort zu haben, der nach deren Vorstellungen Möbel baute“, sagt seine Frau fröhlich. Auch im Gutshaus sind seine Fertigkeiten zum Einsatz gekommen, nachdem die Gemeinde im Jahr 2000 entschieden hatte, die Schule zu schließen und das Haus zu verkaufen. Für die Familie Koczan hieß es plötzlich: Gehen oder bleiben. „Wir wollten unser Zuhause nicht verlassen, das Geschäft meines Mannes lief gut, also wagten wir es und sagten den Kauf zu“, erinnert sich Zofia. Mithilfe von Freunden stemmten sie die Kaufsumme. Dann legte auch sie ihren Job als Lehrerin ab, um fortan das Geschäft ihres Mannes zu unterstützen.
Wann immer es die Zeit erlaubte, brachte Zdzisław seine Fertigkeiten am Haus ein, mehr als 60 restaurierte Fenster hat er laut eigener Aussage eigenständig erneuert. Die großzügige Fläche des Hauses nutzen sie zeitweilig als Ausstellungsfläche für seine Möbel. Als Geschäftspartner vermehrt über Nacht blieben, merkte das Ehepaar, dass das Haus auch als Herberge gute Dienste leistete. „Ich dachte: Wenn sich so viele Menschen hier bei uns wohlfühlen, sollten wir etwas daraus machen“, sagt Zofia. Seither hat das Gutshaus in Bukówko etliche Anhänger gewonnen, die regelmäßig wiederkommen. Auch Hochzeiten und Geburtstagsfeiern werden von den Einheimischen dort gern ausgerichtet. Umgeben von einem großen Park, nahe am Fluss Chotla, ist der Ort ein perfekter Zwischenstopp für Wasserwanderer geworden. Mit ihrem Agro-Tourismus-Konzept gibt sich das Ehepaar Koczan nahbar und gibt damit seinen Gästen genau das, was sie bei ihnen suchen: Down-to-Earth vibes und herzliche Gastfreundschaft.
Urlaub in Bukowko
Das Herrenhaus aus dem 19. Jahrhundert befindet sich in der Nähe des Flusses Chotla, der ein ideales Revier für Angler ist. Das Haus bietet bis zu 50 Betten, und Sie können Fahrräder ausleihen und die Sauna, Tischtennis, einen Spielplatz und einen Grill nutzen, um sich zu vergnügen. Sie können sogar Fisch räuchern und Pilze im Ofen trocknen. In den Gemeinschaftsräumen im Untergeschoss befinden sich ein SAT-TV, eine Cafeteria, ein Konferenzraum und eine Küche. Auch Camper sind willkommen - ein idealer Ort für Veranstaltungen, Hochzeiten, Geburtstagsfeiern, Familientreffen usw. Auch Haustiere dürfen mitgebracht werden. Die umliegende Natur bietet hervorragende Möglichkeiten zum Wandern und Radfahren.
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